Bienen sind ja bekanntermaßen ein fleißiges Volk. Sie wuseln den ganzen Tag, um für uns Honig zu produzieren und ganz nebenbei das Ökosystem im Gleichgewicht zu halten. Was wir aber bislang nicht wussten – Bienen blicken längst über den Tellerrand unsere Planeten und sind eifrig dabei, den Weltraum zu erforschen – als echte „Astrobienen“.
Zugegeben, das klingt komplett bescheuert. Ist es aber überhaupt nicht. Denn was uns das auf den Tisch kredenzt wird, glänzt in punkto Präsenz und Mechanik. „Astrobienen“ ist ein optischer und spielerischer Leckerbissen, der für ein gehobenes Kennerspiel mit nicht mal allzu komplexen Regeln auskommt. Es dauert eine, vielleicht zwei Partien, dann sitzt alles und man spielt sich von Runde zu Runde in einen Flow, in dem es wie so oft darum geht, aus wenig Aktionen das Maximum herauszuholen.
Und da Bienen wie bereits betont emsige Tierchen sind, gibt es hier einiges zu tun. Um schnöde Siegpunkte zu ergattern oder in der Gunst der Königin zu steigen, was wiederum noch mehr Siegpunkte bringt. Jeder Spieler verwaltet einen eigenen Bienenstock inklusive Andockstation, auf dem wir Waben einbauen, die uns Ressourcen oder andere Vorteile bringen. Diese Ressourcen zu erwerben ist eine der Aktionen. Je mächtiger unsere Biene, die mit einem Startwert von 1 beginnt und bis zu einem Wert von 4 gesteigert werden kann, bevor sie in Winterschlaf geht. Und dieser Winterschlaf läutet irgendwann das Spielende ein. Denn immer wenn ein Spieler eine Biene schlafen schickt, darf er sich einen Bonus aussuchen. Sind alle sieben Tiefschlaffelder belegt, endet das Spiel.
Bienen, die auf dem aktiven Teil der Andockstation liegen, können für Aktionen genutzt werden. Je nach Stärke kann sie mächtigere Aktionen auslösen und mit Level 4 sogar noch jeweils eine Bonusaktion. Wo aber kann sich denn ein Bienchen überhaupt rumtreiben? Das wäre zunächst der Bereich „Erkunden“. Eine relativ simple, aber womöglich sehr mächtige Aktion. Hier laufen wir mit dem Raumschiff maximal so viele Schritte über das Feld, wie unsere Bienenstärke hergibt. Wir sammeln einen aufliegenden Bonus ein und decken neue Planeten auf, die zumeist Ressourcen bringen und die auch die anderen Spieler im Nachgang nutzen können. Im Bereich „Ausbauen“ erhalten wir Waben für unseren Bienenstock. Das können grüne Waben sein, die uns ein Einkommen gewähren. Oder aber blaue Waben, die Aktionen nochmal aufwerten. Die dritte Sorte sind rosa Waben, die uns einen Soforteffekt gewähren. Jeweils drei Waben liegen zur Auswahl und auch hier gilt, je stärker die Biene, desto größer die Auswahl. Bezahlen müssen wird die Waben natürlich. Als Basisressourcen, die man über Waben als Einkommen gewinnen kann, zählen Fasern, Pollen und Wasser. Luxusressourcen sind Wachs und Honig, die man entweder über spezielle Aktionen erzählt oder aber mit der Funktion „Umwandeln“ eintauschen kann. Im Bereich umwandeln können die Bienen auch „tanzen“. Auf Tanzstreifen können neue Tauschmöglichkeiten freigeschaltet werden Der Spieler, der den Tanz gelehrt hat, erhält im Verlauf immer dann Gunst, wenn ein Spieler seinen Tanz nutzt. Das hört sich zunächst abstrakt an, ist aber im Grunde eine einfache, aber effektive Mechanik.
„Rühmen“ ermöglicht es uns, eine der ausliegenden Ruhmeswaben zu erwerben. Dieses sind besonders mächtige Ergänzungen in unserem Bienenstock, denn sie liefern besondere Siegpunktbedingungen, auf die es sich spielen lässt. Im Sektor „Forschen“ erhalten wir Saatkarten, die uns entweder permanente Effekte oder Soforteffekte bringen und jederzeit ausgespielt werden können. Liegen sie an einer von drei Stellen an unserem Bienenstock an, wirken sie dauerhaft. Durch „Wachsen“ erhalten wir neue Bienen aus dem Vorrat. Setzt man hier sogar eine Biene der Stufe 4 ein, darf man sein Startplättchen aufwerten, was einem dann am Ende mehr Siegpunkte zum Beispiel für Waben garantiert.
So bekannt einem der Mechanismus vorkommt, Bienen – also Worker – in den einzelnen Bereichen einzusetzen, so sehr hebt sich dieser dann doch von anderen Spielen ab. Zum einen ist ein Feld nicht zwingend belegt, wenn jemand bereits seine Biene dort platziert hat, sondern es bietet dem nächste Spieler sogar einen Vorteil, denn der Wert der zuvor gesetzten Biene wird zu dessen Stärke addiert. Die erste Biene wird dabei ein Feld nach unten geschubst, kommt eine dritte Biene hinzu, fällt sie ganz raus. Jetzt kann der betroffene Spieler entscheiden, ob die Biene erneut auf das aktive Einsetzfeld kommt und damit erneut auf dem Plan platziert werden kann oder auf den Landeplatz. Zum anderen können sich die Spieler entscheiden, keine Biene einzusetzen, sondern alle bisher eingesetzten Bienen vom Brett zu nehmen. Denn dann erhört sich ebenfalls die Stärke und wir können produzieren entsprechend der Bienen, die wir zwischenzeitlich auf dem Landesplatz geparkt haben. So steht der Spieler jedes Mal neu vor der Entscheidung, ob er eine Biene einsetzt. Das hört sich in der Theorie kompliziert an, aber wenn man einmal den Kniff raus hat, funktioniert das hervorragend und es fühlt sich extrem belohnend an, wenn man gut geplant hat und die Bienchen wachsen und gedeihen, um dann schließlich eine gute Produktion abzuwerfen. Wo man mit welcher Biene produziert, bleibt dem Spieler selbst überlassen, denn in der Regel stehen erheblich mehr Produktionsorte zur Verfügung, als es Bienen gibt. Dazu führt erneut zu kniffligen Entscheidungen.
Am Ende gibt es für allerlei Erfolge Siegpunkte. Für die Waben, die Mehrheit in den Kammern im Tiefschlafabteil und natürlich für die Gunst der Königin, die sich ebenfalls durch Aktionen generieren lässt.
„Astrobienen“ ist für mich nah dran am perfekten Spiel. Das Material mit den Bienchen, die man nur drehen muss, um ihren Wert zu erhöhen, dem fantastischen Artwork des Plans und eigenen Bienenstocks und das imposante Raumschiff, dass seine Bahnen über die linke obere Ecke des Plans zieht, alles sieht hervorragend aus und die Ikonografie ist sehr gelungen. Die Anleitung ist sehr gut, wobei die Regeln tatsächlich gut erklärt und nicht allzu kompliziert sind. Und tatsächlich kam in meinen Runden trotz des ständigen Dilemmas, was zu tun ist, nie eine Grübelstarre auf. Irgendwie war man dann doch intuitiv unterwegs und das Spiel zieht einen in einen richtigen Flow. Ja, tatsächlich, nach den berühmten „Schweinen im Weltall“ aus der Muppet Show fühlt es sich konsequent und richtig an, dass nun Bienen das Weltall erobern. Wir jedenfalls hatten einen Heidenspaß mit dem Titel, der bei uns sicher noch häufig auf den Tisch kommen wird.
„Astrobienen“ von Connie Vogelmann
Feuerland
Für 1 bis 5 Spieler
Dauer: circa 120 Minuten
Preis: circa 75 Euro