Vale of Eternity

Ich bin hin- und hergerissen. Hingerissen, weil ich die Idee hinter „Vale of Eternity“ sehr mag. Ein kartengetriebenes Wettrennen mit mystischen Figuren, die ich von einer in fünf Elementboxen aufgeteilten Auslage auswähle. Dazu ein ständiger Mangel an Runen (die Währung, die es für das Ausspielen zu bezahlen gilt) und eine Begrenzung der Auslage auf genauso so viele Kreaturen, wie die Zahl der maximal zehn Runden vorgibt. Das sind gleich eine Reihe neuer Elemente kombiniert zu einem echten Hirnzwirbler mit wirklich schöner Optik.

Aber – und hier wage ich es fast, dieses Aber nur hinzuflüstern – ich bin mir nach einigen Partien immer noch nicht sicher, ob das Balancing passt. Die Karten werden zufällig gelegt und der Reihe nach ausgewählt. Nun scheint es mir einige Karten zu geben, die einfach zu stark sind, wenn man sie zu Beginn des Spiels zieht. So wie das Feuerwesen, das es einem im Idealfall von Beginn an erlaubt, gleich zwei mehr Runensteine als die maximalen vier zu horten und zudem noch kostenlos ausgespielt werden kann. Für mich ein Vorteil, der sich kaum ausgleichen lässt. Oder aber das Wasserwesen, das einem einen Dreierrunenstein spendiert und aus der Auslage zurückgerufen und damit neu gespielt werden kann.

Wir wählen aus den ausliegenden Kreaturen genau zwei aus, die wir entweder auf der Hand horten, in unsere Auslage spielen oder aber gegen Runen verkaufen.

Dass in einem solchen Spiele starke Kombinationen und Engines aufgebaut werden können und sollen, das liegt in der Natur der Sache. Wenn sich aber einige Karten durch Glück begünstigt direkt zu Beginn in der Auslage befinden, fühlt sich das Spiel doch etwas unfair an. Aber vielleicht fehlt mir hier noch die richtige Strategie, um dies zu kontern. Weitere Partien werden sicher folgen und es zeigen.

Was tun wir aber konkret? Wir wollen möglichst mächtige Wesen der fünf Elemente Wasser, Luft, Feuer, Erde und Drache (ok, das ist kein Element) in unserer Auslage vereinen. Und das im Idealfall so, dass sie gegenseitg ergänzen und so direkt bei Auslage oder jeweils am Rundenende Siegpunkte generieren. Denn wenn einer der Mitstreiterer derer 60 gesammelt hat, ist die letzte der Runde eingeläutet, auch wenn der Zähler noch nicht bei 10 steht. Im Kern ist „Vale of Eternity“ irgendwas zwischen Rennspiel und Enginge-Building.

Dabei ist der Mechanismus, wie wir an Karten oder Runen kommen, äußerst clever. In der Auslage liegen zweimal so viele zufällig gezogene Karten der fünf Elemente, wie es Mitspieler gibt. Da kann es schonmal sein, dass ein Slot ganz leerbleibt, naturgemäßig ist es nicht immer gerecht verteilt. Nun darf der Startspieler zuerst eine Karte wählen, dann der Folgende und der letzte zwei Karten, dann geht es wieder zurück. Jeder hat nun zwei Karten gewählt und muss sich entscheiden. Er kann wahlweise eine oder beide Karten auf der Hand nehmen und – falls er möchte – direkt in die Auslage spielen. Oder aber die Karte für eine fixe Anzahl an Runensteinen verkaufen. So gibt es für Drachenkarten einen Sechser-Runenstein, für andere wiederum einen Dreier- oder mehrere Einser-Runensteine. Von diesen Runensteinen darf jeder Spieler maximal vier haben. Der Clou – es gibt kein Wechselgeld. Will man eine Kreatur beschwören und muss überzahlen, dann ist der Rest weg. Ein wunderbares Element, das nochmal ganz andere taktische Überlegungen ins Spiel bringt – und leider die weiter oben erwähnte Feuerkarte umso übermächtiger macht.

Der Startspieler darf jeweils zuerst eine Karte wählen.

In Runde 1 darf zudem nur eine Karte ausgespielt werden, in Runde 2 zwei Karten und so weiter. Maximal zehn Karten können so in der Auslage liegen. Umso wichtiger ist es, im Verlauf der Partie Kreaturen, die einmal hilfreich waren, wieder loszuwerden. Das gelingt durch teures Verkaufen oder aber durch andere Karten, die einem dann sogar noch wertvolle Siegpunkte für die vernichtete Karte bringen können.

Alles in allem hat „Vale of Eternity“ sehr schmale und gut strukturierte Regeln. Aber die Kreaturen haben eine immense Bandbreite an Fähigkeiten. Vor allem zu Beginn ist da viel Lesefutter als Kartentext auf dem Tisch, wenn jeder genau durchdringen möchte, was die einzelnen Kreaturen können. Mit der Zeit gibt sich das aber und man hat schneller durchschaut, welche Karten zur Auswahl schlummern. Neulinge mag das aber trotz der eher leichten Regeln abschrecken.

Optisch ist „Vale of Eternity“ ein echtes Brett.

Optisch ist der Titel in allen Belangen gelungen. Die Karten, das Punkterondell – das mit einem komplett nutzlosen, aber dafür umso ansehnlicheren Pappdrachen im Zentrum daher kommt, die Runensteine, alles ist von hoher Qualität und reizt dazu, loszuspielen. Und das alles wieder in einer eher kleinen Schachtel. Ein erfreulicher Trend weg davon, immer weniger Material in immer raumgreifenderen Boxen zu verstecken.

Gelegentlich wird „Vale of Eternity“ als Anwärter für das Kennerspiel des Jahres genannt. Obwohl nicht mein Favorit – hier liegt für mich die „Weiße Burg“ vorne – ist es einer der Titel, mit dem ich gut als Preisträger leben könnte. Wenn nur dieser kleine, nagende Zweifel nicht wäre, ob das Balancing wirklich stimmt.

„Vale of Eternity“ von Eric Hong
Pegasus
Für 2 bis 4 Spieler
Dauer: circa 60 Minuten
Preis: circa 30 Euro