Flügelschlag

Ich mag Vögel. Das war es aber auch schon. Ich kann sie weder sonderlich gut auseinanderhalten, noch bin ich versiert in Haltung und Aufzucht der kleinen Piepmätze. Viel besser kenne ich mich da bei Brettspielen aus, und man muss schon in einer sehr dunklen und sehr einsamen Höhle wohnen, wenn man von Flügelschlag noch nichts gehört hat.

Jetzt ist das mit dem Hype ja so eine Sache. Geht selten gut und häufig nach hinten los. In diesem Fall aber nicht. Das Spiel macht nämlich gefühlt alles richtig, was man richtig machen kann. Und mit dem Feuerland-Verlag hat Vogelfreundin und Spielerfinderin Elisabeth Hargrave einen starken Partner im Rücken, der das Werk auch passend zu vermarkten mochte. Wobei natürlich allein schon die Tatsache, dass eine Frau in der immer noch von Männern beherrschten Welt der Spieleentwickler, das aktuelle Kennerspiel des Jahres erdacht hat, bemerkenswert ist.

Ich bin ja Westfälin und von Natur aus eher nüchtern, aber hier könnte ich tatsächlich ein wenig positiv eskalieren. Denn bei Flügelschlag fängt der Spaß tatsächlich schon vor dem Spielen an. Das Material ist unglaublich hochwertig. Man würfelt nicht einfach, nein die Würfel fallen aus einem Futterturm. Unterschiedlich gefärbte Kunststoffeier, detaillierte Karten mit vielen Informationen zu den Vögeln, ein äußerst ansehnlicher Spielplan und eine Anleitung aus hochwertigem Papier – da steigt der Puls schon beim Auspacken.

Das Spielprinzip ist ein klassischer Engine-Builder. Futter generieren, Karten erhalten, Vögel mittels Futter und Eiern generieren und die Siegpunktemaschinerie ans Laufen bekommen. Dazu kommen Rundenziele und Spezialaufträge, wie man es aus vielen anderen Spielen bereits kennt. Das alles wäre ziemlich belanglos, wäre da nicht zum einen die unfassbar ansprechende Umsetzung, zum anderen aber auch der Flow, der nach kürzester Zeit einsetzt und zig Partien später auch nicht aufhört. Dass mit der Welt der Vögel dabei ein Thema im Mittelpunkt steht, das es so noch nie gab, tut das Übrige dazu.

Letztlich ist es eine simple Rechnung: Funktioniert ein Spiel, greifen seine Mechanismen ineinander, entsteht kein Leerlauf und fühlt sich jeder in seinem Element, dann ist es ein gutes Spiel. Die richtige Mischung aus Strategie (Karten kaufen und ausspielen) und Glück (die Futterwürfel müssen schon passend kommen) sorgt für den Reiz. Und ja, zugegeben, in meiner Runde gab es jemanden, der mit dem Thema Vögel auch nach einigen Partien nicht allzu viel anzufangen wusste. Nunja, vielleicht hilft es, sich in dem Fall einfach Drachen statt Vögel vorzustellen.

Lässt man die ersten zwei oder drei Partien als Kennenlern-Runden gelten, dann hat jeder zügig den Mechanismus verinnerlicht, allzu viel Wartezeit kommt nicht auf. Flügelschlag ist sicher nicht sonderlich interaktiv, aber welcher Engine-Builder kann das schon von sich behaupten? Es macht sowieso viel zu viel Spaß, seine eigene Auslage zu optimieren und die Ressourcen in den immer knapper werdenden Spielzügen optimal zu nutzen. Auch solitär funktioniert Flügelschlag gut, wobei ich generell kein großer Freund von Solovarianten bin und Gesellschaftsspiele immer noch am liebsten in – nun ja – Gesellschaft spiele.

Im Originalspiel beschränkt man sich auf die Vögel Nordamerikas. Mittlerweile gibt es aber auch eine lohnende Erweiterung, die die heimischen Vögel in dem Mittelpunkt rückt.

Übrigens bin ich seit kurzem stolze Mitbesitzerin eines Wellensittichs. So ganz spurlos ist das Spielen von Flügelschlag offensichtlich nicht an mir vorbei gegangen.

Flügelschlag

Feuerland Spiele

1 – 5 Spieler

Dauer: circa 45 Minuten

Preis: circa 40 Euro