Lift Off

Da sitze ich nun am Spielbrett. Meine Gegner – zwei Ingenieure. Ich bin Geisteswissenschaftlerin und hab es mehr mit Sprache als mit Technik. Trotzdem hab ich mich aufgemacht, um möglichst effektiv Raketen ins All zu schießen. „Lift Off“ liegt mal wieder auf dem Tisch, und ich schlage mich wackerer als gedacht.

In „Lift off“ forschen wir als Raumfahrtunternehmen, um immer mächtigere Missionen im All zu erfüllen. Die Missionen kaufen wir für Rohstoffe, diese erhalten wir durch Forscherkarten. Forscherkarten werden zu Beginn jeder Runde gedraftet, je zwei von drei Handkarten dürfen ausgespielt werden.

Die Missionen gibt es in vier Stufen. Wir verfügen zu Beginn über ein Labor der Stufe 1, das wir bis Stufe 4 aufwerten können, um auch die richtig wertvollen Projekte abschließen zu können. Dafür benötigen wir aber nicht nur ein besseres Labor, sondern auch mehr Laderaum. Diesen gibt es ebenfalls durch Forscherkarten. Weiterer Antrieb ermöglicht es uns, günstiger zu starten. Das ganze passiert nicht nur in der grauen Theorie – ganz plastisch bauen wir an unsere zunächst recht mickrige Rakete Laderäume und Antriebe an. Sie wächst und gedeiht im wahrsten Sinn des Wortes.

Am Anfang ist unsere Rakete noch recht winzig. Hier sind lediglich ein Laderaum und ein Antrieb zusätzlich verbaut.

Natürlich funktioniert auch hier nichts ohne das passende Kleingeld. Wir starten mit einem Einkommen von 5, das ist schnell aufgezehrt. Daher macht es Sinn, schon früh das Einkommen bis zu einem Maximum von 9 zu steigern. Zum einen gelingt das durch Missionen, die ins All geschossen werden. Zum anderen durch den Ausbau einer gemeinsamen Raumstation. Wer sich hier engagiert, erhält nicht nur Siegpunkte, sondern eben mehr Einkommen oder eines der wertvollen grünen Rohstoffplättchen, die für Missionen der Stufe 3 oder 4 benötigt werden.

Pro Runde darf ein Spieler drei oder vier Missionen aufdecken und eine oder zwei vor sich auslegen. Hat er genug Geld, darf er eine oder – je nach Forscherkarten – mehrere ins All schießen. Das gibt Siegpunkte und Boni wie Rohstoffe oder weiteren Laderaum. Dazu kommen noch jeweils drei Karten mit besonderen Siegbedingungen für jeden Spieler. Da kann es wichtig sein, besonders aktiv an der gemeinsamen Raumstation zu bauen. Oder aber es wird verlangt, viele Level-1-Missionen im All zu haben. Diese Karten helfen, die Strategie darauf auszurichten. Damit ist „Lift Off“ auch schon erklärt. Die Regeln sind schlank, aber es dauert, bis man verstanden hat, wie alles ineinander greift.

Unsere Forscher bringen uns diverse Boni. Welche wir nutzen, das bleibt uns überlassen. Den Effekt oben rechts in der Ecke sollte man auf jeden Fall mitnehmen. In diesem Fall gibt es Geld und einen weitere Missionskarte zur Auswahl.

„Lift Off“ lebt von den Entscheidungen. Kaufe ich Lagerraum, mache aber dadurch den Start teurer? Spiele ich viele kleine Missionen oder warte ich auf die großen, ertragreichen Brocken? Nutze ich den Forscher, der mir Rohstoffe bringt, oder wähle ich lieber einen zweiten Raketenstart? Dazu kommt das Glück, das man haben muss. Sowohl die Forscher als auch die Missionen sind zufallsbasiert. Es kann passieren, dass da so gar nichts zusammen passt. Wer zum Beispiel wie meine Wenigkeit keine Raketenstartkarten auf die Hand bekommt, der kann noch so schöne Missionen vor sich angesammelt haben. Die Maschinerie will nicht ins Rollen kommen. Erhält man nur Karten, die schnell das Labor oder die Lagerräume aufwerten, könnte man zwar die dicken Brocken ins All schießen. Nur bezahlen kann man das dann leider nicht.

„Lift Off“ wird für Bauchspieler zu einer echten Geduldsprobe, wenn ein Grübler am Tisch sitzt. Auch wenn sich zwei von drei Handkarten und eine oder zwei von drei oder vier Missionen pro Runde wenig anhört, muss wirklich jede einzelne Karte perfekt gewählt sein. Denn „Lift Off“ verzeiht keine Fehler. Aber das tut die Raumfahrt schließlich auch nicht. Nichts ist ärgerlicher, als alles schön zusammengebastelt zu haben, um dann am Ende festzustellen, dass nur ein wenig Geld fehlt, um wirklich starten zu können.

Das Spiel selbst hat eine ganz besondere Optik. Es erinnert an den Grafikstil von des PC-Spiels „Fallout“ oder einen 60er-Jahre Comic. Das gefällt sicher nicht jedem, ich persönlich mag das quitschbunte Styling sehr. Es ist einfach sehr hübsch geraten und extrem übersichtlich. Alle Karten sind nahezu selbst erklärend und falls mal nicht, dann hilft eine Übersicht in der Anleitung weiter. Hinter dem putzigen Äußeren verbirgt sich aber auf jeden Fall ein Kennerspiel.

Ich bin dann übrigens Zweite geworden. Und mit dem ein oder anderen Start mehr, hätte ich die beiden Ingenieure in Sachen Raumfahrttechnik sicher abgehängt Aber beim nächsten Mal klappt es bestimmt!

Lift Off von Jeroen Vadersteen

Asmodee

Für 2 bis 4 Spieler

Dauer: circa 30 Minuten pro Spieler (in den ersten Partien erheblich länger)