Riftforce

Mein Feuerelementar setzt lodernd zum magischen Schlag an. Das Erdelementar auf der anderen Seite ist schon arg angeschlagen, kämpft aber mit letzter Kraft um seine kümmerlichen restlichen Lebenspunkte. Mein Feuerlementar zeigt wenig Gnade und lässt einen zündenden Zauber samt Rauchwolke auf den Gegner los. Diesen zerbröselt es wie gewünscht, und hinter uns ertönt ein leises, klagendes „Aua“. Denn dort hat es unseren befreundeten Lichtelementar gleich mit erwischt. Der klopft sich schnell die Brandflecken aus dem Wams und macht sich daran, ein befreundetes Elementar zu heilen.

Hach. Den Gegner verkloppen. Das ist grundsätzlich schon mal ein guter Grund zu spielen. Aufmerksame Leser meines Blogs werden bemerkt haben, dass ich grundsätzlich gerne auf meine Spielpartner am Tisch eindresche. Zumindest auf deren Meeples. Oder – wie in diesem Fall – auf deren Karten. Ich hab einfach einen tierischen Spaß daran, den Kontrahenten zu Staub zusammenzupusten. Noch besser, wenn ich das mit Elementaren tun darf. Wie in „Riftforce“, dem Erstlingswerk des jungen Verlages „1 More Time Games“ für zwei Spieler.

„Riftforce“ heißt die Kraft, die aus einen Riss in der Mitte des Spielbrettes strömt und Elementare zum Leben erweckt. Und diese sind so gar nicht gut auf die Kollegen auf der anderen Seite des Risses zu sprechen. Die Elementare gehören unterschiedlichen Gilden an – zehn an der Zahl. Repräsentiert werden die Gilden von Beschwörern. Via Drafting bestimmen die beiden Spieler, welche der acht Gilden in diesem Spiel zum Einsatz kommen. Jeder Spieler kontrolliert derer vier und die dazu gehörigen Elementare. Selbstredend, dass die Gilden unterschiedliche Fähigkeiten besitzen. Aber auch Schwächen. So kann der Feuerelementar zwar mächtig austeilen, trifft aber dabei auch immer befreundete Einheiten. Andere Elementare wiederum sind sehr beweglich und können schnell den Ort wechseln, ihre Schlagkraft ist dabei aber mehr als dezent. Stirbt ein Elementar oder kann ein Spieler einen Riss alleine kontrollieren, erhält er „Riftforce“. Wer 12 davon sammelt, gewinnt. Dabei können die Spieler entweder Elementare ausspielen, Fähigkeiten aktivieren oder aber die Lage überprüfen und neue Elementare nachziehen.

Elementar gegen Elementar – in „Riftforce“ hauen sich die Elemente gegenseitig ihre Zauber um die Ohren. Sofern Elementare Ohren haben.

Der Clou – ausgespielt werden können nur je drei Karten der gleichen Gilde oder der gleichen Zahl. Und zwar entweder alle an einen Riss oder nur an benachbarte. Diese Zahl von 5 bis 7 gibt außerdem die Lebenspunkte an, die es runterzuprügeln gilt. Dafür muss man seine Mannen aber erst einmal aktivieren, dafür braucht es ein weiteres Elementar auf der maximal sieben Karten starken Hand, das das gleiche Symbol oder die gleiche Zahl Elementare zeigt, die ihre Muskeln spielen lassen sollen.

Was sich einfach anhört und tatsächlich auch ist – die Regeln sind auf wenigen Seiten beschrieben – hat es durchaus in sich. „Riftforce“ ist ein klassischer Vertreter von „leicht zu lernen, schwer zu meistern“. Das fängt schon direkt zu Beginn bei der Gildenauswahl an. In unserem allerersten Spiel hatte mein Gegner komplett vernachlässigt, einen Elementar mit Bewegungsfähigkeit zu wählen. Dementsprechend verheerend war seine Niederlage. In einer anderen Runde hatte ich mich zu sehr auf Heilung und Bewegung versteift und durfte in den Genuss diverser Eisblitze kommen. Alles ist möglich. Sowohl eine schnelle, knackige Runde als auch eine eher grübellastige Prügellei. Denn es gilt während des eigenen Zuges unglaublich viel zu bedenken. Was passiert, wenn ich meinen Elementar jetzt doch nach links oder rechts bewege? Und geht das gut, weil das andere Elementar dahinter nur noch wenig Lebenspunkte hat? Oder sollte ich vielleicht sogar eine Einheit opfern, um dann eventuell in der nächsten Runde den Riss für mich einnehmen zu können? Wer einfach nur wild drauflos spielt, der sieht in „Riftforce“ kein Land. Wer einen positiven Effekt einer Karte nutzen will, muss diese nämlich komplett abhandeln. Das ist nicht immer zum Vorteil und macht Entscheidungen noch mal eine Ecke schwieriger.

Aber, mag ein kritischer Leser jetzt einwenden, funktioniert denn Taktik als Kartenspiel? Hier definitiv. Dadurch, dass die Zahlen auf den Karten auf die Werte 5, 6 und 7 begrenzt sind, bleibt alles hinlänglich planbar. Zumal die Fähigkeit ja durch den Beschwörer der Gilde vorgegeben wird und nicht variiert. Spaß macht es vor allem in den ersten Runden, die Synergien der Gilden auszutesten. Denn nicht alles funktioniert gut zusammen. Ausgewogen sollte es sein und möglichst so aufgestellt, dass man die Angriffe des Gegners kontern kann. Dadurch, dass die Elementare erst ausgespielt und in einem zweiten Schritt aktiviert werden, hat man jederzeit die Chance, die Pläne des Gegenüber zu antizipieren und entsprechend zu reagieren. Mir gefällt dieses flexible reagieren müssen, auch wenn die Spieldauer dadurch relativ unplanbar wird.

Ach ja, die Optik. Ich sage nur Miguel Coimbra. Der Virtuose hat wieder gezaubert und alle Elementare und ihre Beschwörer äußerst ansehnlich in Szene gesetzt. Das wenige Material ist von guter Qualität. Die Sprache auf den Karten ist wahlweise deutsch oder englisch, je nach Seite.

Mir stellt sich einzig die Frage, ob man irgendwann alles gesehen und alle Kombinationen ausprobiert hat. Aber ich bin mir sicher, dass 1 More Time Games da mit einer entsprechenden Erweiterung Abhilfe schaffen. Ich jedenfalls könnte mir sehr gut vorstellen, dass das Universum von „Riftforce“ über kurz oder lang mit weiteren Gilden ausgeweitet wird. Zumindest wünsche ich es mir.

„Riftforce“ von Carlo Bortolini

1 More Time Games

Für zwei Spieler

Spieldauer: variiert

Preis: circa 20 Euro