Under falling skies

Facebookgruppen sind toll. Nicht immer, aber oft. Und ich bin natürlich in diversen Gruppen, in denen es um das Thema Brettspiele geht. Unter anderem in einer Gruppe, in die ich mich vor den diversen Lockdowns wohl nie verirrt hätte – eine Gruppe für Solospieler. Aber gut, irgendwo muss das Futter ja herkommen, wenn die Teilnehmerzahl genauso begrenzt ist wie die Geduld des Sohnes, ständig neu Ausgepöppeltes mit mir auszuprobieren.

Und in eben jener Gruppe wurde eines schönen Tages von einem Spiel berichtet, in dem man im Alleingang die Welt vor der Alieninvasion rettet. Raumschiffe nähern sich drohend der Erde und nur ich, meine Würfel und ein kleiner Tunnelroboter stemmen sich den Massen entgegen. „Under falling skies“ schafft etwas, das mir tatsächlich in Solospielen nur selten wiederfährt – ich nehme das Spiel als vollwertigen und durchaus heftigen Gegner wahr.

Von oben nähert sich die Gefahr und wir tun unser Bestes, diese mittels klugem Würfeleinsatz abzuwenden.

Denn wir absolvieren hier keine Punktejagd, sondern das Spiel versteht es, bei einfachsten Regeln ein Bedrohungsszenario auf den Tisch zu zaubern, das an den Nerven zerrt. Anfangs ist das Mutterschiff mit seinen zunächst fünf Raumgleitern noch hoch oben am Himmel über Roswell. Gut, ok, die Gleiter schwärmen aus. Aber bis die mal bei mir auf dem Boden sind… Runde um Runde kommt das Mutterschiff ein Stück näher, weitere Gleiter kommen dazu und von mir erspielter Fortschritt wird wieder abgezogen. Denn wir müssen eine Fortschrittsleiste bis ganz oben treiben, um zu gewinnen. Kommen zu viele Gleiter auf der Erde an oder erreicht das Mutterschiff gar einen bestimmten Zielpunkt, haben wir verloren. Hach, ich kann im Hintergrund fast die ikonische Musik des Sci-Fi-Klassikers „Alien“ hören, wenn ich so vor mich hingrüble. (Notiz an mich – gute Idee, nächstes Mal im Hintergrund laufen lassen).

Doch was tun? Wir würfeln und setzen diese auf unserem Tableau ein. Das Genre Dice-Placement macht Laune – und Sinn. Denn mit den Würfeln generieren wir Energie, um Aktionen zu bezahlen, klettern auf der Fortschrittsleiste, kämpfen gegen die Gleiter oder graben uns mit unserem Tunnelbohrer weiter nach unten. Das bringt bessere Optionen. Und wie es so ist – je höher die Zahl, umso potenter unsere Aktion. Wer mit einer 6 auf die Feinde feuert, der hinterlässt nun wirklich nichts mehr außer verbrannter Erde. Pardon, verbrannter Luft.

Die Crux: Die Gleiter kommen genau so viele Schritte weiter runter, wie es die genutzte Würfelzahl besagt. Also mit einer kleinen Zahl begnügen, die verhältnismäßig wenig Bedrohung erzeugt? Oder ab durch die Mitte und ohne Rücksicht auf Verluste aus den Vollen schöpfen? Aufmerksam bleiben muss man auch. Denn je nachdem, wo der Gleiter ankommt, gibt es Sondereffekte. Diese können durchaus sinnvoll für uns sein, können uns aber auch böse in die Parade fahren.

Es gibt so unglaublich viel zu bedenken, und wir befinden uns erst im Tutorial des Grundspiels. Neue Städte, A- und B-Seiten der Pläne und sogar eine ganze Kampagne hat Autor Tomas Uhlir für uns ausgetüftelt. Und es macht einfach einen unfassbaren Spaß, an der richtigen Strategie zu knobeln. Denn eine Partie dauert maximal 30 Minuten, dann kann man von vorne loslegen und sein Glück aufs Neue versuchen. Der Glücksfaktor ist natürlich gegeben, schließlich ist und bleibt der Titel ein Würfelspiel. Aber auch hier kann man aus scheinbar schlechten Würfen noch etwas rausholen, richtig verloren ist man selten.

Sorry – hübsch ist anders. Die Raumschiffe sehen leider aus, wie aus einem Überraschungsei gefallen.
Da hätte das Spiel etwas hochwertigeres Material verdient gehabt.

Bei all der Euphorie hab ich aber doch was zu meckern, schließlich bin ich eine Frau. Die Verpackung ist toll, die Anleitung ebenfalls und auf den ersten Blick verständlich. Aber – wer ist darauf gekommen, diesem Spiel so dermaßen uninspirierte Würfel und billig aussehende Raumgleiter beizulegen? Da wäre so viel mehr drin gewesen. Ein Schönheitsfehler nur, natürlich. Aber wenn jetzt noch beim Material vielleicht ein klein wenig mehr als nötig gemacht worden wäre, dann hätte ich mich hier vor Lob nicht mehr einfangen können. Ich finde es einfach schade.

„Under falling skies“ von Tomas Uhlir

Czech Games Edition (HeidelBär)

Solospiel

Dauer: Circa 30 Minuten

Preis: Circa 30 Euro