Robinson Crusoe

Es ist schon witzig – war Robinsons treuer Gefährte Freitag Protagonist des letzten Tests hier auf meiner Seite, ist es jetzt Robinson Crusoe höchst persönlich. Zumindest leiht er dem Werk seinen Namen. Das Spiel von Ignazy Trzewizcek ist wohl einer der bekanntesten Vertreter des Survival-Genres. Denn wir versuchen, unsere Mannen – in meinem Fall einen Zimmermann nebst Freitag und Hund – von der Insel zu retten. Denn den Gefahren der Insel stelle ich mich ausnahmsweise mal solo, dem Lockdown sei Dank.

Und Gefahren gibt es so einige – wilde Tiere, nagender Hunger und das wechselhafte Wetter machen meinem armen Zimmermann und seinen beiden Helfern schwer zu schaffen. Denn zunächst stranden wir an der Insel mit nichts als Nägeln und Hammer sowie einer Pistole ausgestattet. Vor allem Ersteres soll sich schon früh als sehr nützlich erweisen, hilft es mir doch beim Bau von Gegenständen. Denn es gilt, Ziele eines zuvor gewählten Szenarios zu erfüllen. Für das erste Spiel empfiehlt sich das Szenarios „schiffbrüchig“. Sieben Holzstapel sollen angehäuft und das Feuer entfacht werden. Hört sich einfach an, ist es aber ganz und gar nicht. Denn Holz ist genau wie Nahrung oder Fell äußerst rar auf der Insel.

Rohstoffe erhalten wir von Inselplättchen. Zum einen als Ressource immer da, wo unser Lager aufgeschlagen ist. Via Aktion Ressourcenabbau oder durch Entdecken neuer Plättchen. Aber zunächst wird zu Beginn jeder Runde ein Ereignis aufgedeckt. Das kann mal mehr, mal weniger dramatische Folgen haben. Unser Lager brennt, ein Sturm zieht auf oder wir finden keinen Lagerplatz für die Nacht. Das ist besonders tückisch, denn dann kassieren wir gegen Ende der Runde eine Wunde. Haben wir zu viele, sinkt nicht nur unsere Moral, sondern wir sind schlicht tot. Aus die Maus, tragisches Ende. Die Konsequenzen des Ereignisses greifen direkt zu Beginn der Runde, es hält aber für die kommende Runde eine Bedrohung parat. Doppelt hält schließlich besser. Diese abzuwenden ist eine der möglichen Aktionen.

Uns droht Unheil, wenn wir die Gefahren nicht abwenden.

Fassen wir zusammen: Wir brauchen Nahrung, einen passablen Unterstand der nicht beim ersten Regen in sich zusammen bricht und wir brauchen Kampfkraft. Denn wir können zwar mühsam Nahrung auf der Insel sammeln, können aber auch jagen gehen. Und da wir vorher nicht wissen, ob ein eher ungefährliches Tier oder vielleicht ein kräftiger Gorilla im Stapel schlummert, sollten wir nicht mit bloßen Händen auf die Pirsch gehen.

Entdecken wir ein neues Inselteil, warten dort auf uns bestimmte Boni in Form von Entdeckungsplättchen, die Nahrung, neue Gegenstände, Schätze oder ein Plus auf Waffenstärke oder Gesundheit bringen können. Aber auch Effekte, die direkt unser Szenario betreffen. Das kann positiv oder negativ sein. Wer überleben will, der braucht aber auch das passende Rüstzeug. Je nach Inselart, die wir entdecken, können wir neue Gegenstände bauen. Zunächst steht immer nur die Schaufel zur Auswahl, später kommen weitere dazu. Wie das Feuer, das wir ja für unser Einstiegsszenario dringend benötigen. Das geht bis zu sehr mächtigen Boni wie zum Beispiel der Karte, die uns einen zusätzlichen Meeple für die Aktion entdecken beschert.

Um erfolgreich zu Bauen, Ressourcen zu sammeln oder zu entdecken ist jeweils eine Probe mit drei Würfeln nötig. Aber nur, wenn wir einen unserer Meeple alleine losschicken. Sind wir zu zweit, gelingt die Aktion automatisch. Die Würfeln können Erfolg bescheinigen. Sie können aber auch Entschlossenheitsmarker bringen oder Leben kosten. Zuweilen erscheint ein Fragezeichen, dann muss ein Ereignis des speziellen Aktionsfeldes absolviert werden. Das birgt meist keine guten Nachrichten und wandert zudem samt neuer Bedrohung möglicherweise in den Ereigniskartenstapel Freitag kann dabei alle Aktionen unterstützen oder eben alleine in Angriff nehmen, der Hund steht uns beim Jagen und Entdecken zur Seite. Neben Jagd, Bauen, Sammeln und Entdecken können wir gegen Abgabe von Holz oder Fell ein stabiles Lager errichten, das Dach verstärken oder Palisaden bauen. Ein Dach hilft gegen Wettereinflüsse, die Palisade hält das wilde Getier von unserem Lager fern. Und wir können unsere Stärke erhöhen.

Über Erfolg oder Misserfolg entscheiden die Würfel.

Haben wir alle Aktionen abgearbeitet, folgt eine Wetterphase. In den ersten Runden ist diese noch harmlos, die Sonne scheint und ein laues Lüftchen weht. Später im Spiel wird das aber zu Regen und Schnee, ein Sturm kann unser Lager ganz schnell wieder in Kleinholz verwandeln. Wohl dem, der vorgesorgt hat. Denn habe ich keine Rohstoffe zum Reparieren, dann erleide ich Wunden. Da nützt es wenig, bis an die Zähne bewaffnet im Schnee zu erfrieren. In der Nacht müssen wir noch unseren Zimmermann mit Nahrung versorgen, die im Solospiel Freitag und der Hund dankbarer Weise nicht benötigen. Und genau wie andere Rohstoffe ist Nahrung knapp und verdirbt noch dazu nach der Runde. Zwar gibt es Entdeckungsplättchen, die unverderbliche Nahrung liefern, aber das ist selten und hängt vom Zufall ab.

Robinson Crusoe hat alles, was ein gutes Spiel braucht. Es hat zum einen großartiges Material. Allein der große Spielplan sieht wunderhübsch aus. Der bietet auch die Möglichkeit, alles übersichtlich anzuordnen. Die Anleitung ist für ein Spiel dieses Kalibers eingängig und bietet zahlreiche Glossare, wenn dann doch mal ein Symbol oder Begriff nicht parat ist. Es ist variabel, da immer neue Ereigniskarten ausgelegt werden und die Inselplättchen bis auf den Startbereich zufällig gezogen werden. Und auch die Erfindungen sind bis auf neun Startgegenstände immer wieder anders. Zudem verfügt jeder Charakter über Spezialfähigkeiten, die durch Entschlossenheitsmarker bezahlt werden. Diese Plättchen gibt es für gute Moral im Camp oder aber als Belohnung für abgewendete Bedrohungen. Wer es schafft, die Laune hoch zu halten, der darf sich über handfeste Vorteile je nach ausgewähltem Charakter freuen.

Wir müssen unser Szenarioziel
im Auge behalten.

Wie so oft geht es darum, die knappen Aktionsmöglichkeiten klug zu planen. Sammele ich Ressourcen? Dann kann ich vielleicht in der nächsten Runde die Schaufel nicht mehr bauen. Oder steigere ich meine Kraft, um endlich Chancen auf der Jagd zu haben? Wenn nur meine Palisade nicht so windschief und löchrig wäre. Und dann ist da ja auch noch das Szenarioziel, das erreicht werden muss… Jede Entscheidung ist wichtig, Fehler erlaubt das Spiel keine, der Tod lauert überall. Denn was da im hübschen Gewand daherkommt, ist in Wahrheit richtig bösartig. Zumindest sind es die Fallen und Probleme, vor die einen das Spiel stellt. Wenn da plötzlich der Inselteil, dessen Ressource fest eingeplant war, vom Vulkan verschluckt wird, dann könnte man schon mal gepflegt ins Spielbrett beißen. Oder wenn alles gut läuft, nur die Nahrung will nicht kommen. Wenn dann noch ein Sturm über das Lager zieht, dann wird es für Freitag und Co. zappenduster. Überhaupt kommt bei fortgeschrittener Spielzeit immer mehr das Gefühl auf, die Insel hat sich tatsächlich gegen mich verschworen. Dabei bin ich doch nur ein Zimmermann und möchte nach Hause… Keine Frage, Robinson Crusoe hat seinen Stellenwert als exzellente Genrevertreter völlig zu recht. Das Spiel zieht einen in seinen Bann, es ist schlicht spannend und vermittelt eindringlich das Gefühl, der Insel ausgeliefert zu sein.

Am Ende hat mein armer Zimmermann das Nachsehen. Zwar hat er bereits fünf Stapel Holz angehäuft und das Feuer brennt lichterloh, aber letztlich ist das Wetter ungnädig und die Nahrung zu knapp. Aber was soll’s – starten wir einfach noch einmal. Denn auch wenn man verliert, ist die Lust auf eine neue Partie direkt da. Wie bereits erwähnt bezieht sich der Test auf das Solospiel, mit mehreren dürfte noch mehr Spaß drin stecken. Aber auch so motiviert das Spiel bestens, endlich das Szenario zu schaffen, um dann mit frischem Mut in das nächste zu stolpern – und vermutlich direkt krachend zu scheitern.

Robinson Crusoe von Ignacy Trzewiczek

Pegasus Spiele

Für 1 bis 4 Spieler

Dauer: Circa 60 Minuten (solo)

Preis: Circa 40 Euro