Gibt es etwas Idyllischeres als Tautropfen, die zu Boden perlen? Wohl kaum. Und Pilze, Pilze sind an sich auch gemütliche Kollegen, wie sie so vor sich hin sprießen. Was Tautropfen nun mit Pilzen zu tun haben, das erfahren wir in „Mycelia“, einem wunderschönen Familienspiel, das auch Anfänger in die Welt des Deckbuidling entführt.
„Mycelia“ ist ein echtes Wohlfühlspiel. Nie zu schwer, dabei aber nicht komplett ohne Anspruch. Ein wunderhübsches Artwork und eine Partie dauert nicht zu lange, so dass man gemütlich noch eine oder zwei hinterherschieben kann. Am Anfang steht etwas Bastelarbeit, der Schrein der Waldgöttin will zusammengebaut werden. Ist das geschafft, kann es losgehen.
Und auf eben jenem Schrein platzieren wir Tautropfen, die zuvor auf unserem Spielerboard lagen. Dieses zu leeren ist die Aufgabe der Spieler, wer es zuerst schafft, hat gewonnen. Das geschieht mittels Karten, die für unsere Pilzcrew stehen. Diese geben Aktionen vor, die unsere Tropfen näher Richtung Schreinsymbol bewegen. Landen sie dort, dürfen sie auf dem Schrein platziert werden. Karten können uns aber auch Blätter spendieren. Diese benötigen wir, um neue und mächtigere Karten zu kaufen. So wächst und gedeiht unser Deck und ermöglicht es uns, mehr Tropfen zu bewegen oder flexibler zu sein. Denn auf unserem Tableau sind verschiedene Felder in verschiedenen Farben zu finden. So darf mittels einer der Startkarten zum Beispiel nur ein Tropfen von einem blauen Feld auf ein Benachtbartes gezogen werden. Haben wir eine stärkere Karte im Deck, darf neben dem Zug eines Tropfens direkt ein weiterer von dem blauen Feld entfernt werden.
Karten dürfen immer während unseres Zugs gekauft werden und landen direkt auf dem Nachziehstapel. So lässt sich gut planen, welche Karte uns im nächsten Zug den erwünschten Vorsprung bringt. Denn letztlich ist die Tropfenschubserei auch ein Wettrennen darum, sein Board zuerst zu leeren. Dumm nur, dass es sich auch wieder füllt. Denn immer, wenn auf der Schrein der Waldgöttin voll ist – oder bei geringerer Spieleranzahl eine bestimmte Marke erreicht ist – fallen alle Tropfen und ein Würfel nach unten. Der Würfel gibt nun vor, wie viele Tropfen wo erneut auf dem Spielertableau platziert werden. Ein feiner Kniff, der einen dazu zwingt, genau abzuwägen, ob man seine Tropfen ins Rennen schickt oder eher noch etwas wartet, bis der Schrein wieder leer ist. Denn auch wenn es oft nur zwei Tropfen sind, die wieder dazu kommen, kann einen das bei ungünstiger Lage nach hinten werfen. Aber niemals so weit, dass es unfair würde oder jemand dadurch komplett abgeschlagen ist. Überhaupt ist das Spiel schön ausbalanciert und es kommt nie zu absoluten Frustmomenten – auch ein wichtiger Punkt, will man Neulinge an ein Genre heran führen.
Zudem hat jeder Spieler unter seinem Tableau Bonusaktionen, die er nutzen kann. Das hilft zuweilen, aus einer vertrackten Situation noch etwas mehr heraus zu holen. Sehr löblich ist, dass das Spiel gleich eine Erweiterung mit im Gepäck hat. Sie hebt den Anspruch ein wenig, so dass aus dem reinen Familienspiel eine etwas anspruchsvollere Knobelei wird.
„Mycelia“ ist tatsächlich ein klasse Türöffner in Sachen Deckbuilding. Die Anleitung ist fantastisch und nicht zu komplex, die Ikonografie bis auf wenige Ausnahmen sehr gelungen. Alles ist schnell zu verstehen und ebenso flott gespielt. Natürlich ist das Thema hier nur Mittel zum Zweck, aber das Spiel haut grafisch richtig was raus, so dass das nicht weiter stört. Alles ist niedlich, süß und absolut tauglich für einen Spielenachmittag im Kreis der Familie. Der Schrein ist ein Hingucker. Natürlich ist wie bei jeden Kartenspiel Glück ein Faktor, aber das stört hier nicht wirklich, zumal die Kartenauslage dank Bonusaktion auch getauscht werden kann. Wer eine Schippe draufpacken möchte, der kann direkt die Erweiterung dazu nehmen.
„Mycelia“ von Daniel Greiner
Ravensburger
Für 2 bis 4 Spieler
Dauer: circa 45 Minuten
Preis: circa 30 Euro