Set Collection im Brettspiel ist so ’ne Sache. Als einziges Element trägt es oft kein ganzes Spiel – zumindest wenn es dessen Ehrgeiz ist, mehr als nur ein Kartenspiel sein zu wollen. Als einzelnes Element geht es oft unter (schöne Grüße an „Endless Winter“). In „Navoria“ ist Set Collection die entscheidende Spielmechanik, der eine vergessenswerte Thematik übergestülpt wurde. Und das Spiel lässt mich etwas ratlos zurück.

Wenn man ein Spiel rezensiert, dann geht es natürlich immer um die eigene Meinung, ohne dabei unfair zu werden. Möglichkeiten dazu gibt es reichlich. Man mag das Setting nicht – dafür kann das Spiel nichts. Man mag die Mechanik nicht – dafür kann das Spiel auch nichts. Oder man mag die Optik nicht – dafür kann ein Spiel zumindest manchmal was. Aber dass eine schreckliche Optik ein tolles Spiel nicht kaputt macht, das hat seinerzeit „Die Burgen von Burgund“ bravourös bewiesen.

Hier ist es genau anders herum – meine Güte ist „Navoria“ eine Schönheit. Alles, aber auch wirklich alles an diesem Spiel brennt sich mit Eifer in mein Hirn und der erste Reflex ist, dass ich das immer und immer und immer und immer wieder spielen will, einfach um es anzuschauen. Gut, wer jetzt mit Pastellfarben per se nix anfangen kann, der wird mir eher nicht zustimmen. Ich aber bin hin und weg – und je weiter ich in dem schmalen Regelbuch lese, umso mehr wird bei mir eine Befürchtung laut. Taugt das abseits aller Optik spielerisch was? Oder ist hier ein allzu simples Set-Collection-Spiel einfach mal grandios überproduziert?
Wir sind Forscher und erkunden Navoria. Das ist aber im Grunde so egal wie irgendwas. Das Kind braucht einen Namen, um der Spieler einen Grund, Karte um Karte zu sammeln, die dann am Ende Siegpunkte ausspucken. Wir laufen zwar mit unseren drei Forschern auf ihrem jeweiligen Track, passieren Fahnen und platzieren Stützpunkte, doch so richtig spannend ist das leider nicht.
Zu Beginn ziehen wir aus einem Beutel zwei Steine, von denen wir einen auf einer Reihe der Kartenauslage platzieren. Oder wir nehmen einen Stein, der bereits in der Mitte liegt und nutzen diesen. Es gibt Steine fünf unterschiedlicher Farbe, jede Farbe steht für eine Reihe der Kartenauslage. Es gibt Karten, die erlaube es uns, eben jene Stützpunkte zu bauen. Andere Karten lassen uns auf einem Track laufen und geben am Ende jeder der drei Runden für jede erreichte Fahne einen Siegpunkt. Andere Karten gewähren und Rohstoffe, die wir brauchen, während der Runde oder am Ende der Runde eine Kette von Boni zu erhalten. Platzieren wir Stützpunkte, räumen diese auf dem Board weitere Boni frei. Eine andere Farbe gibt uns Siegbedingungen für das Spielende vor. Hier zählen dann die Stützpunkte auf den einzelnen Tracks. Eine weitere Kartenart schließlich gewährt und Siegpunkte für andere Karten mit speziellen Symbolen. Derer gibt es vier unterschiedliche. Wir können, sobald wir fünf gleiche Symbole haben, Freundschaften schließen und so am Ende nochmal mehr Siegpunkte abgraben.

Haben wir alle jeweils vier Karten erhalten, beginnt Phase zwei, in der wir die Steine von den Kartenreihen nehmen und in der Mitte platzieren, um Siegpunkte zu generieren, weitere Rohstoffe zu erhalten, zu laufen oder einen Stützpunkt zu bauen. Am Ende der Runde wird abgerechnet und es geht mit einem neuen Durchlauf weiter. Wir sammeln so natürlich immer mehr Karten zusammen, die uns dann entsprechend am Ende der Runde mehr Siegpunkte liefern. Haben wir zum Beispiel vier statt zwei Karten, die uns Punkte für Fahnen auf der Kaktusroute bringen und haben wir zwei Fahnen erreicht, gibt es schon acht statt vier Punkte. Und so wollen wir möglichst sinnvolle Karten für uns erhaschen, um viele Siegpunkte durch kumulierende Effekte zu erhalten.
Jetzt ist das Spiel kein Schwergewicht. Überschaubare Regeln, überschaubare Spieldauer und das ganze spielt sich irgendwo zwischen unterer Kennerspielbereich und gehobenes Familienspiel ab. An sich ist Navoria auch kein schlechtes Spiel. Aber es will einfach mehr sein, als es ist. Das Thema finde ich schon fast unangenehm aufgesetzt. Der Reiz an der Kartensammelei verfliegt nach der ersten Runde recht schnell und irgendwie fühlt es sich zu simpel an. Jetzt muss ein Spiel natürlich kein Hirnzwirbler sein, um gut zu sein. Aber hier wirkt es wirklich so, als hätte man allzu einfaches Gameplay in einer riesigen pastellfarbenen Zuckerwatte verpackt. Aber vielleicht in ich da jetzt tatsächlich unfair, weil ich einfach mehr erwartet hätte. Und, auch das gehört zur Wahrheit: das Spiel soll durch die Erweiterung, die wir noch nicht gespielt haben, um einiges besser werden.
„Navoria“ von Meng Chunulin
Strohmann Games
Für 1 bis 4 Spieler
Dauer: circa 60 Minuten
Preis: circa 40 Euro