Boss Monster

Ich will dieses Spiel mögen! Ich will das jetzt! Meine Güte, ich bin ein Boss Monster und ich will in guter, alter Sega-Optik Helden in meinen Dungeon locken. Wo ich sie dann mittels Fallen und Monstergezücht grausam dahinschlachte. Ich will das mögen, weil die Idee ist so cool! Aber so bockig ich bin, so wenig ist dran zu ändern… ich mag es nicht. Keine Frage, die Optik des Kartenspiels ist zumindest für Menschen Jahrgang 1974, wie ich es nunmal bin, ganz fantastisch. Auf den Karten hagelt es Anspielungen, man hört quasi die Bontempi im Hintergrund quitschen, wenn unsere Monster sich auf die Helden stürzen.

Ein Kartenspiel, in dem Helden gegen Monster antreten und das ganze mit humorigem Unterton, klar denkt man da umgehend an Munchkin. Und ich hab gehofft, dass „Boss Monster“ seinen ganz eigenen Zauber entwickelt. Aber – ganz ehrlich? Ich würde das gute, alte Munchkin dem „Boss Monster“ jede Sekunde vorziehen. Denn „Boss Monster“ ist einfach kein gutes Spiel.

Das Prinzip ist einfach. Mein Boss Monster – derer gibt es verschiedene zu Beginn jeder Partie zur zufälligen Auswahl – baut einen maximal fünf Räume umfassenden Dungeon gespickt mit Fallen und Feinden. Dabei dürfen normale Räume mit anderen normalen Räumen oder passenden erweiterten Räumen überbaut werden. Die Monster selbst haben eine vorgeblich mächtige Spezialfähigkeit, die immer dann triggert, wenn der fünfte Raum gebaut wird. Und die Monster nutzen Zaubersprüche, um ihre Räume zu verstärken oder den Dungeon der Gegner zu schwächen. Denn darauf kommt es mindestens genauso an wie auf den cleveren Ausbau des eigenen Kerkergewölbes.

Kommt ein Held durch zu uns, fügt er uns in der normalen Variante eine Wunde zu, in der epischen Ausgabe derer zwei. Haben wir fünfmal Aua gemacht, sind wir tot. Haben wir aber zehn Seelen von Helden gesammelt, dann gewinnen wird. Einfache Helden lassen eine Seele zurück, wenn sie zum Beispiel in unser „offenes Loch“ fallen, epische Helden verlieren zwei Seelen. Helden starten immer in Mitspieleranzahl in der Stadt und suchen immer dne Dungeon heim, der die meisten der von ihnen gewünschen Beute – Bücher, Waffen oder auch einfach schnöder Mammon. So kann es eine Strategie sein mittels vieler Symbole Helden in den eigenen Dungeon zu locken, aber genauso gut auch, diese in die Gewölbe der Kontrahenten zu scheuchen.

Wir sind also Runde für Runde damit beschäftigt, den eigenen Dungeon zu optimieren und bei den anderen Unruhe zu stiften. Das hört sich alles spaßig an. Ist es aber nicht. Und das liegt an mehreren Faktoren. Zum einen – das am Anfang zugeloste Boss Monster hat einen Initiativewert. Dieser ändert sich nicht und der mit der höchsten Initiative fängt an. Jede Runde. Warum, das hat sich niemandem aus meiner Runde erschlossen. Hier muss meiner Meinung nach dringend zur Hausregel gegriffen werden. Wir haben uns dafür entschieden, zu Beginn aus zwei Monstern zu wählen und Fähigkeit und Initiative eines zu wählen. Doch hier kommt schon Problem Nummmer 2. Die Spezialfähigkeiten können zwar durchaus mächtig sein – so kann zum Beispiel ein Charakter zu Beginn jeder Runde beim Nachziehen zwischen Raum und Zauber wählen. Das ist deutlich stärker als die anderen Fähigkeiten. Von Balance kann hier gar nicht gesprochen werden – zumal auch eben jenes Monster noch eine hohe Initiative aufweist.

Überhaupt kommt kein Flow auf. Ich baue einen Raum. Reiße ihn ab. Baue einen neuen und irgendwann hab ich dann halt genug Seelen oder nicht. Das ganze fühlt sich eher an wie eine Rechenübung als wie ein Dungeonabenteuer. Ah, mein Gegner hat zwei Symbole, dann muss ich dringend noch eins bauen, um dann drei zu haben. Und dann hat mein Gegner mit Sicherheit genau den Zauberspruch, der alles zunichte macht. Denn – egal wie gut ich gebaut habe, mit dem passenden Zauberspruch ist alles hin. Zaubersprüche sind zu mächtig, um sie so willkürlich auf die Boss Monster zu verteilen. Was nutzt es mir, als scheinbar mächtige Spezialfähigkeit, einen Raum aus dem Ablagestapel suchen zu können, wenn der Gegner mit seiner Fähigkeit jede Runde eine der wirklich mächtigen Zauber ziehen und wirken kann. Wenn er dann noch zusätzlich den Raum gebaut hat, beim Ausspielen eines Zaubers einmal pro Runde einen neuen zu ziehen, dann ist der Gewinn nicht nur wahrscheinlich, sondern sicher. „Boss Monster“ ist ohne Frage für Oldschool-PC-Player ein Augenschmaus voller gelungener Anspielungen in den Flavour-Texten. Aber, so leid es mir tut, ein gutes Spiel ist es nicht.

„Boss Monster“ von Johnny und Chris O’Neal

Pegasus

Für 2 bis 4 Spieler

Dauer: circa 45 Minuten

Preis: circa 17 Euro