Die wandelnden Türme

In meinem Brettspielverein grassiert seit kurzem ein Hype um ein Spiel, das ich bis zur Spiel Doch in diesem Jahr gar nicht auf dem Schirm hatte. „Die wandelnden Türme“ wird rauf- und runtergespielt – im Verein, aber auch auf dem heimischen Esstisch. Denn obwohl das Spiel ein echtes Leichtgewicht ist, macht es fantastisch viel Spaß, und das mit relativ einfachen MItteln.

Mein Sohn war es, der das Spiel auf der Messe erspähte. Ich war skeptisch, schien es mir doch auf den ersten Blick eher ein Kinderspiel zu sein. Es stellt sich aber eher als familienkompatibler Titel heraus, der sich auch mit spielunerfahrenen Gästen locker auf den Tisch bringen lässt.

Das Prinzip ist einfach: Wir bewegen wahlweise Türme oder Magier, um idealerweise mit unseren Magiern den Rabenturm zu erreichen. Wer dort all seine Zauberkundigen versenkt, gewinnt. Vorher muss aber der Vorrat an Zaubertränken komplett gefüllt sein, mit deren Hilfe wir Magie wirken und uns Vorteile oder dem Gegner Nachteile verschaffen. Diese Tränke füllt man immer, wenn man es schafft, einen Turm auf einen anderen zu stellen und so dort oben positionierte Magier einzusperren. Oder man fängt einen der flinken Gesellen, wenn sie ganz ohne Turm zu Fuß auf dem Rundkurs Richtung Rabenturm unterwegs sind. Das war es auch schon, mehr an Mechanik gibt es nicht. Dafür aber – proportional zur Mitspielerzahl – ein immer schöneres Chaos, wo denn nun der eigene Magier steckt. Denn auch, wenn man sich für ganz clever und sicher nicht vergesslich hält, fällt es schwer, im Gewühl der sich ständig bewegenden Türme noch im Auge zu behalten, wo der Meeple denn nun hockt. Die Türme können durchaus auf eine ansehnliche Anzahl an Etagen anwachsen. Und selbst, wenn ich noch weiß, in welchem Turm mein Kerlchen steckt, muss ich noch lange nicht damit richtig liegen, welche Etage ich beim Setzen des Turmes abräumen muss, um ihn wieder in die Freiheit zu entlassen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Rabenburg sich auch ständig bewegt. Und eben auch selbst auf einige Türme aufgesetzt werden kann. „Die wandelnden Türme“ ist schlicht ein herrliches Kuddelmuddel, das durch die von Spiel zu Spiel variablen Zauber verstärkt wird. Stehe ich zum Beispiel zwei Schritte vor dem rettenden Rabenturm, zieht mein Nebenmann einen Zauber, der plötzlich zwei Türme auf dem Rundkurs vertauscht. Und während ich in Sachen Wegstrecke noch einmal von vorne anfange, ist mein Kontrahent plötzlich in bester Magier-Einschmeiß-Position.

Wie ich Magier und Burg bewege, bestimmen drei Handkarten, von denen ich jeweils zwei ausspiele. Auch hier sind meine Möglichkeiten je nach Karte limitiert. Nicht immer habe ich genau das passende auf der Hand. Einige Karten ermöglichen es, die Würfel entscheiden zu lassen.

Das Spiel, das hier so überraschend seinen Siegeszug auch im Vielspieler-Verein angetreten hat, ist eine klare Empfehlung für alle, die das Chaos lieben und gerne auch mal über die eigene Unzulänglichkeit lachen können. Es ist spannend, wenn man nicht mehr allzu genau weiß, wo der Magier steckt und ob der eben mühselig zusammengeknobelte Zug auch überhaupt zum Ziel führt. Sicher nichts für Strategen und Planer, aber eine runde Sache, die zudem noch mit absolut ansprechendem Material daherkommt. Übrigens – erdacht haben das ganze Wolfgang Kramer und Michael Kiesling. Und das die beiden Namen für Spaß am Brett stehen, sollte niemanden überraschen.

„Die wandelnden Türme“ von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling
Abacusspiele
Für 2 bis 6 Spieler
Dauer: variiert stark nach Spielerzahl
Preis: circa 30 Euro