Mischwald

Ich brauche noch ganz dringend eine Douglasie. Aber immer, wenn der begehrte Baum in der Auslage auftaucht, schnappt mein Kontrahent sie mir vor der Nase weg. vermutlich sammelt er auch Bäume. Oder ist schlicht ein schlechter Mensch.

Ich muss es zugeben – Mischwald war vor der letzten Messe in Essen komplett an mir vorbei gegangen. Und auch auf der Messe wollte es dann, kaum hatte es meine Aufmerksamkeit – nicht den Weg zu mir finden. Aber Dank des Spielezentrums Herne konnte ich es immerhin anspielen. Und mittlerweile bin ich im Besitz eines eigenen Exemplares und hab es in meiner Runde getestet.

Vorweg – der gemeine Spieler scheint der Naturthematik ein wenig überdrüssig zu sein. So richtig wild ist man nicht mehr auf die Auszeit zwischen Blütenblättern und Fichtennadelduft. Zumindest meinen Sohn konnte ich gar nicht mehr bewegen, mit mir in den Mischwald zu gehen. Ich hingegen kann mich nach wie vor dafür begeistern und letztlich muss man sagen, ist das Thema brillant umgesetzt. Aber halten konnte sich der Hype dann eher doch nicht. Denn Mischwald hat ein großes Problem.

Wir sammeln Bäume, um an, auf oder unter den Bäumen Tiere und Pflanzen anzusiedeln. Zwei Schmetterlinge haben sich schon in unseren Wald verirrt.

Was tun wir? Wir sammeln und spielen Karten und versuchen dabei, möglichst viele Punkte anzuhäufen. Ob wir nun Schmetterlinge auf dem Baum sammeln, Pilze unten am Baum wachsen lassen oder passende Tierarten miteinander vereinen – zum Beispiel Fuchs und Feldhase -, das bleibt uns überlassen. Denn alles kann irgendwie punkten, multipliziert sich und macht am Ende das Errechnen des Endstandes zu einer Herausforderung einer Matheklausur auf Grundkursniveau gleich. Mit ein wenig Übung hat man die Wertung aber irgendwann im Griff.

Wir können in unserem Zug entweder zwei Karten von der Lichtung – so heißt hier die Auslage – oder vom Kartenstapel nehmen. Oder aber wir spielen eine Karte von unserer Hand aus. Dafür müssen wir aber Kosten in Höhe anderer Handkarten bezahlen. Zudem geben die Karte Boni, wenn man mit dem passenden Symbol bezahlt. Jede Karte hat ein solches oben aufgedruckt. Zahlt man zum Beispiel zwei Karten, die das gleiche Symbol aufweisen, wirft dies Boni ab. Zum Beispiel eine weitere Karte, ein kostenloses Ausspiel oder sogar einen kompletten weiteren Zug.

Zahlen wir passend, kann dies einen Bonus gewähren. Das Reh zum Beispiel gibt uns dann gleich eine weitere Karte beim Ausspielen.

Letztlich wollen wir unseren Wald mit Bäumen, Tieren und Pflanzen versehen, um so Punkte zu ergattern. Dabei gibt es unterschiedliche Strategien zum Sieg. Wer zum Beispiel, so wie ich, alle Baumarten hat, bekommt satte Punkte. Oder aber man fährt die Fuchs-Hase-Strategie, die ebenfalls äußerst lukrativ ist. Wenn man mag, kann man auch Schmetterlinge oder Vögel sammeln oder es darauf anlegen, dass jeder Baum voll mit Tieren und Pflanzen belegt ist – also oben auf der Krone, unten am Stamm und zu beiden Seiten.

Die Lichtung ist bereits gut gefüllt. Sind dort mehr als zehn Karten, wird die Lichtung geleert.

Karten, mit denen man bezahlt, wandern in die Lichtung. Liegen dort mehr als zehn Karten, wird die Lichtung abgeräumt und die Auswahl ist verloren. Wer da noch auf die ein oder andere Karte spekuliert hat, schaut in die Röhre. Einige Karten erlauben es uns, die komplette Auslage der Lichtung in unserer Höhle zu deponieren – das kann zahlreiche Punkte auf einen Schlag bringen. Im letzten Drittel des Nachziehstapels schließlich sind drei Winter-Karten eingemischt. Wird die erste Karte gezogen, naht das Spielende. Kommt die dritte Winterkarte ans Tageslicht, ist das Spiel und damit die Punktesammelei sofort vorbei. Ein kleines Push-Your-Luck-Element, das für Nervenkitzel – und auch für Frust – am Ende sorgen kann.

Tja, was war ich heiß darauf, das Spiel im Regal zu haben. Und noch vor wenigen Wochen hätte ich fix damit gerechnet, dass der Titel Spiel des Jahres wird. Jetzt ist er nicht mal nominiert und – ich kann es gut verstehen. Denn wenn der Hype erstmal verflossen ist, dann ist Mischwald zwar ein höchst thematisches und sicher auch sehr hübsches Kartenspiel, aber eben nicht mehr. Denn hat man ein paar Partien hinter sich, kristallisieren sich leider sehr schnell gewinnbringende Strategien heraus. Es gibt Königswege, den Sieg zu erringen, gegen die andere Möglichkeiten arg abfallen. Hat man einmal den Dreh raus, sammelt man doch recht solitär vor sich hin und versucht eigentlich immer wieder denselben Weg zu verfolgen. So ist es problemlos möglich, auch einfach über das stupide Sammeln von Bäumen zu gewinnen. Oder aber es läuft gar nicht und das Kartenglück ist einem überhaupt nicht hold, ohne dass man das beeinflussen kann. Letztlich ist mir Mischwald viel zu viel Zufall, viel zu viel eingefahrene Wecke beackern und der Wiederspielwert sinkt leider von Partie zu Partie. Es ist sicher immer noch ein guter Titel mit durchaus frischen Ideen, der aber für mich zu viel Sand im Getriebe hat.

„Mischwald“ von Kosch
Asmodee
Für 2 bis 5 Spieler
Dauer: circa 45 Minuten
Preis: circa 23 Euro