Nebel über Carcassone

Malerisch liegt sie da, die Landschaft von Carcassone. Prächtige Burgen schmiegen sich in grüne Wiesen, eine imposante Handelsstraße mündet in einem kleinen Kloster und der Burgherr thront oben auf seinem Gebäude, das durch eine Vielzahl von Wappen nicht nur reich verziert ist, sondern auch ordentlich Punkte bringt. Doch was ist das – neben dem blauen Burgherren kommt ein roter Herrscher zur Tür herein. Und die beiden bekriegen sich nicht etwa, nein sie machen sich einträchtig ans Werk, um sich einer viel größeren Bedrohung zu stellen als es lediglich schnöde Mitmenschen sein können. Es gilt, der Schar der Geister Einhalt zu gebieten, die mit dem Nebel über das Land gekommen sind. Denn in „Nebel über Carassone“ heißt es alle gegen eine Gefahr, und die ist äußerst heimtückisch.

„Nebel über Carcassone“ ist der kooperative kleine Bruder des Spiels, dessen Regeln im Detail zu erklären ich mir hier spare. Kurz – wer schon Carcassone nicht mochte (und tatsächlich gibt es ein solch wunderliches Spielerexemplar in meiner Runde), der wird auch an dem neuen Ableger keinen Gefallen finden. Kleines Goodie nebenbei – wer nur konfrontativ unterwegs sein will, der darf „Nebel über Carcassone“ auch als Erweiterung sehen.

Noch lungert hier nur ein Geist rum. Es kann aber ganz schön schnell gehen, bis sich seine Gespensterkollegen zu ihm gesellen.

Wir aber stellen uns gerne gemeinsam der neuen übernatürlichen Bedrohung. Geister tauchen immer dann auf, wenn ihre Felder gezogen werden. Es gilt, eine entsprechende Anzahl auf das Plättchen zu legen bzw. einen Geist weniger, wenn das Nebenfeld an ein anderes Geisterfeld grenzt. Wir verlieren, sobald nicht mehr ausreichend Geister gelegt werden können. Und das passiert, passt man nicht auf, schneller als geglaubt. Denn auch bei der kooperativen Variante hängt viel vom Ziehen der Plättchen ab. Wie das so ist – mal läuft es und das Teil schmiegt sich hervorragend in das Gesamtbild ein, mal will es so gar nicht gelingen, das kollektive Geistervertreiben.

Und das gelingt im Wesentlichen im ersten Szenario dadurch, dass man entweder Nebenfelder abschließt. Dann dürfen alle dort beheimateten Geister entfernt werden. Oder, und das ist häufiger der Fall, man verzichtet auf die bekannten Siegpunkte für Abschlüsse bei Straßen und Burgen – Wiesenpunkte gibt es in dieser Variante nicht – und darf dann maximal drei Geister zurück ins Jenseits schicken. In späteren Szenarien – derer gibt es sechs – kommen noch weitere Mechanismen ins Spiel, die hier aus Spoilergründen nicht verraten werden. Nur soviel – zwei tierische Helfer werden eine wichtige Rolle spielen. Und es gibt wieder Klöster, auch wenn deren Aufgabe leicht abgewandelt wurde. Ein Tipp: Wer bei Szenario 6 verzweifelt, sollte ein Blick ins Internet werfen. Das Szenario war ursprünglich fehlerhaft, mittlerweile gibt es Korrekturen, um das ganze schaffbar zu machen.

44 Punkte haben wir gesammelt. Jetzt ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis wir die 50 Punkte Marke knacken und das erste Szenario für uns als gewonnen gilt.

Nun sind die Geister die eine Hürde, die es zu packen gilt. Dazu kommt aber ein nicht unerheblicher Zeit- und Handlungsdruck. Denn wir können keineswegs in Ruhe vor uns hinbauen, denn immer gilt es, eine gewisse Siegpunktezahl zu erreichen, bevor die Plättchen zur Neige gehen. Zu Beginn sind das 50 und auch das ist bei hoher Geisterdichte schon schwer genug. Später steigt der Wert knackig an. Herrlich die Diskussionen, ob eine sechs Punkte zählende Burg nun lieber Geistervertreiben oder Punkte bringen soll. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich am Tisch den Satz hörte „ich hab es euch doch gesagt, wir müssen auf die Geister achten“. Ja, es wird viel diskutiert. Wir haben das Alphaspieler-Problem, das jedem kooperativen Spiel nun mal innewohnt, so gelöst, dass zwar diskutiert wird. Aber nur der, der das Plättchen gezogen hat, hat das letzte Wort, wo dieses platziert wird. Dennoch – es kann hitzig her gehen bei diesem Titel, der trotzdem im gewohnten Familienspiel-Niveau bleibt.

Nebel über Carcassone von Klaus-Jürgen Wrede
Hans im Glück Verlag
Für 1 bis 5 Spieler
Dauer: wechselt je nach Szenario und Spielerzahl
Preis: circa 30 Euro