Cartaventura

Schon als ich klein war, hab ich Abenteuerbücher geliebt. Entscheidungen treffen, weiterblättern, das Beste hoffen – und scheitern. Scheitern ist eine Erfahrung, die man auch in Cartaventura macht. Drei Spiele gibt es derzeit und ich hab mich auf den Weg gemacht, um in zweien davon in Lhasa und im hohen Norden Gefahren zu trotzen und kluge Entscheidungen zu treffen.

Wie es der Name erahnen lässt, läuft das Abenteuer hier über Karten ab. Sofort einsteigen und losspielen, das ist charmant und der Start fällt leicht. Nicht nur das, er gestaltet sich auch als äußerst atmosphärisch. Wir sind zu Zeiten Eriks des Roten unterwegs, um unseren Vater vor dem Althing, der Versammlung der nordischen Adligen und Heerführer, zu verteidigen. Wie gut das und alle weiteren Handlungen gelingen, das hängt von unseren Entscheidungen ab. Und der Gunst der drei Götter Tyr, Loki und Thrud, die wir gewinnen, aber auch genauso schnell wieder verlieren können.

Gleich zu Beginn können wir beispielsweise dem Flug der Raben folgen. Aber ist das ein gutes Zeichen? Oder verheißt es Unheil. Hier näher auf die Verzweigungen einzugehen ist schwierig, will man nicht spoilern. Vielleicht nur so viel – nur weil ein Händler am Straßenrand einem Wein anbietet, sollte man nicht gierig einfach zulangen.

Zwei der drei Götter, die unseren Helden Leif Eriksson bei seinem Abenteuer begleiten. Ihre Gunst ist entscheidend, um das Spiel „Vinland“ erfolgreich zu bewältigen.

Überhaupt braucht man jede Menge Hirnschmalz und ein gutes Bauchgefühl. Wende ich mich dem Christentum zu oder gewähre ich einem Landsmann exklusive Handelsrechte in meiner Heimat? Helfe ich meiner Schwester oder bleibe ich lieber erstmal im Dorf und höre mich um? Je nachdem, wie wir uns entscheiden, drehen wir eine Karte um, ziehen eine neue Karte oder nehmen eine Karte aus dem Spiel. Nichts ist vorhersehbar, sofern man es noch nicht gespielt hat. Sicher, nach mehreren Anläufen hat man den Bogen raus und irgendwann hat man das Abenteuer dann auch überlebt. Vorher hat man aber sehr oft ins Gras gebissen. Hat man noch einen Gott an seiner Seite, kann man aus dem Reich der Toten zurück kehren. Dafür muss man aber einen Gott opfern. Hat man keinen Gott mehr, der mal eben in die Bresche respektive die Klinge des Sensenmanns springt, hat man unwiderruflich verloren. Und fängt sehr gerne direkt wieder von vorne an. Denn Cartaventura gelingt das, was essentiell ist für ein gutes Abenteuerkonzept – sei es als Buch oder als Spiel. Man möchte es besser machen, weniger scheitern, vielleicht etwas klüger sein. Man möchte das eben Gelernte umsetzen und man fiebert mit seinem Charakter.

Dazu kommt, das das Ganze auch sehr hübsch aussieht. Die Illustrationen, die sich nach und nach vor dem Spieler ausbreiten, sind einfach ein Augenschmaus. Das Setting ist fantastisch, wobei mir die Geschichte vom Wikinger Leif Eriksson in Island und Vinland ein klein wenig besser gefallen hat. Aber das ist reine Geschmackssache. Aber auch die Suche nach einer vermissten Journalisten im Tibet des beginnenden 20. Jahrhunderts ist sehr reizvoll. Überhaupt – die Texte sind überaus detailverliebt und interessant und flüssig zu lesen. Die Geschichten ziehen die 1 bis 6 Spieler in ihren Bann. Wobei ist tatsächlich das Spielerlebnis alleine favorisiere – ich kann völlig eintauchen, keine Diskussionen stören das Erlebnis und ich fühle mit meinem Charakter, wenn ich genau die falsche Entscheidung getroffen habe.

Zugegeben, das ist im Kern wenig Spiel. Im Grunde liest man eine gut gemachte Geschichte, die man lenken kann. Gerade erschienen ist ein weiteres Abenteuer in Oklahoma, das ich aber noch nicht antesten konnte. Das wird aber sicher nachgeholt und ich persönlich würde mich über viele weitere Abenteuer nach dem Karten-Konzept freuen.

Cartaventura – Abenteuer Spiel

Kosmos

Für 1 bis 6 Spieler

Dauer: circa 60 Minuten

Preis: circa 12 Euro