Der Kartograph

Goblins sind in mein Königreich eingefallen. Sie brandschatzen und plündern nicht etwa. Nein, viel fieser. Sie machen sich ausgerechnet dort breit, wo ich vorher so mühsam geplant hatte, ein florierendes Dorf abseits eines Gebirges zu errichten. Denn das hätte mir in „Der Kartograph“ mal so richtig viele Siegpunkte gebracht.

Denn wie sollte es anders sein – um Siegpunkte dreht sich auch hier alles. Dafür zeichne ich in mein Königreich bzw. auf einem hübsch illustrierten Block Landschaftstypen ein. Wald, Felder oder Fluss stehen zur Verfügung. Welche Form die Landschaft hat, das gibt eine so genannte Erkundungskarte vor. Blöcke in Tetrisform geben an, wie die Landschaft auszusehen hat. Zuweilen kann ich wählen zwischen einem größeren Gebiet, das möglicherweise mehr Punkte bringt oder der kleineren Variante, die Gold in mein Schatzkästlein spült. Denn auch das zählt am Ende. Genauso wie die Kästchen, die ich nicht befüllen konnte, obwohl sie an ein Monsterland grenzen. Und eben jene Monsterlande entstehen durch Goblinüberfälle oder ähnliche Schandtaten, von denen jeweils vier im Spiel sind.

Jeder Spieler erhält einen Block mit vorgegebenen Gebirgen und Tempeln. Gebirge können nicht überbaut werden, bringen aber je nach Missionsziel Punkte oder aber Gold, wenn sie von Landschaften umgeben sind. Tempel hingegen können nur mit Feld, Wasser oder Wald belegt werden, wenn eine Karte das erlaubt. Diese Karten werden in je vier Jahreszeiten aus einem Stapel gezogen. Der Zufall hat also auch noch ordentlich seine Hand im Spiel. Auf den Karten sind Punkte vermerkt, die das Ende einer Jahreszeit markieren. Alle vier Jahreszeiten gilt es durchzuspielen. Also weiß niemand so genau, wann das Rundenende naht und eine Zwischenwertung erfolgt. Das sorgt für Spannung und reizt Zockerseelen, vielleicht doch noch keinen Kompromiss beim Einzeichnen zu schließen, sondern auf eine weitere, bessere Erkundungskarte zu hoffen. Was natürlich auch komplett in die Hose gehen kann.

Das Königreiche kommt recht aufgeräumt daher,
wenn nicht unten links die fiesen lila Monster ihr Unwesen treiben würden.

Jeder Spieler malt – ganz wie es sich für Roll & Wirte gehört – seine eben gezogene Landschaft auf seinem Zettel ein. Nur dass hier eben nicht gewürfelt wird, sondern Karten die Geschicke lenken. Wird eine Monsterkarte gezogen, die zum Beispiel den oben genannten Goblinüberfall zur Folge haben kann, wandert der Zettel an den linken oder rechten Nachbarn und dieser kann sich austoben und die Monster just da einzeichnen, wo er glaubt, dem Rivalen richtig zu schaden.

Im Spiel gibt es vier Missionsziele, die Siegpunkte bringen. Ganz wie in „Isle of Skye“ sind diese variabel, pro Jahreszeit sind je zwei an der Reihe. Auch hier Varianz pur. Es empfiehlt sich, schon im Frühling an den Winter zu denken und sein Königreich als Gesamtkunstwerk zu sehen, in dem alle vier Missionsziele stets Berücksichtigung finden.

Das Spiel von Jordy Adan kommt extrem hübsch daher. Von der Verpackung über die Blöcke bis hin zu den Karten ein Hingucker. Aber eines trübt die Freude – dem Spiel liegen vier winzige Bleistifte bei. Wer versucht, Feld, Wasser und Fluss nur durch Striche und Linien darzustellen, der ist schon recht lange mit fummeligem Zeichnen beschäftigt. Ein Gang in den gut sortierten Schreibwarenladen schafft Abhilfe. Ohne Buntstifte sollte niemand in das Abenteuer starten. Das macht die ganze Sache nicht zuletzt für die Endabrechnung deutlich einfacher. Aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.

„Der Kartograph“ kommt zwar als Kennerspiel daher, aber ich finde, auch weniger versierte Spieler können sich durchaus in das Getümmel stürzen. Man wächst ja schließlich mit seinen Aufgaben, und da eine Runde nicht allzu lange dauert, kann man flugs die Karten neu mischen und einen weiteren Versuch starten. Spaß genug macht die ganze Sache in jedem Fall. Und da alle immer gleichzeitig den besten Platz für die gezogene Form finden wollen, gibt es keinerlei Downtime.

Der Kartograph von Jordy Adan

Pegasus

beliebig viele Spieler

Dauer: circa 45 Minuten

Preis: knapp 20 Euro