Zwergar

Zwergen sagt man ja bekanntlich nach, besonders begabte Baumeister unter Tage zu sein. Alles ist fein verzahnt in so einem Zwergenstollen und Effizienz wird groß geschrieben. Ich wünschte mir, die Macher von „Zwergar“ hätten sich daran ein Beispiel genommen, wenn sie sich schon an eben dieses Thema wagen. Denn in „Zwergar“ (ja, ich weiß, bescheuerter Name) graben wir uns mittels Arbeitern in einen Stollen, fördern Kohle, Erz, Gold und Juwelen und nutzen diese Ressourcen, um möglichst gewinnbringende Projekte abzuschließen. Damit das gelingt, müssen wir tauschen, unsere Öfen anfeuern und natürlich die Lore nach oben befördern, damit die wertvollen, von uns geförderten Rohstoffe überhaupt das Tageslicht erblicken.

Bei „Zwergar“ kommt es darauf an, welche Farbe man einsetzt. Hier gibt uns der orange Meeple auch Siegpunkte, wenn wir die Lore nach oben fahren.

Es gibt verschiedene Arbeitertypen, die uns auf den Aktionsfeldern unterschiedliche Boni bringen können. Der Clou – immer wenn wir einen Arbeiter einsetzen, nehmen wir den dort vorhandenen für unsere nächste Aktion. Derer hat jeder Spieler drei, die er nacheinander abhandelt. Das ist semioptimal, wie sich im Verlauf zeigt, aber dazu später mehr. Außerdem hat jeder Spieler einen Vorarbeiter, der zum einen erlaubt, auf einem Feld auf dem großen Spielplan einen der zuvor auf dem Tableau errichteten eigenen Öfen zu platzieren (weitere Boni winken, sowohl sofort als auch beim Einsatz eigener oder fremder Arbeiter). Zum anderen kehrt der Arbeiter immer zu seinem Besitzer zurück. Entweder umgehend oder aber er muss sich, sofern er in der Mine an die Schüppe geschickt wurde, erst per Lore nach oben karren lassen.

Der blaue Vorabeiter wartet in der Lore, dass er wieder nach oben befördert wird.

Die Lore zu bewegen soll ein Dilemma sein. Denn man fördert natürlich nicht nur die eigenen Ressourcen nach oben, sondern auch die der Mitstreiter. Auf einem Aktionsfeld gibt es, bei Einsatz des orangen Spezialisten, noch Siegpunkte je hoch gefahrene Ebene. Das macht die Übung attraktiver. Oder aber die Lore fährt einfach von selbst hoch, sofern dies durch eine der Ereigniskarten, die die Rundenzahl vorgeben, ausgelöst wird. Denn jedesmal zu Beginn der Runde wird eine Ereigniskarte gezogen und lässt einen zufälligen Effekt in Kraft treten. Mal fahren die Loren nach oben, Bonusaktionen sind blockiert oder alle Spieler erhalten Wärme.

Denn anders als geförderte und auf dem Tableau gelagerte Ressourcen verfällt Wärme zu Ende der eigenen Runde. Das sollte tunlichst nicht passieren, braucht man diese für das Tauschen von Ressourcen, das Anschieben der Lore oder natürlich das Erfüllen oder Aufwerten von Projekten. Erfüllt man eines der ausliegenden Projekte, erhält man Siegpunkte. Wertet man es auf, erhält man entweder einen Einmaleffekt, einen Dauereffekt oder einen Bonus zu Spielende. Die Projekte sind nach unterschiedlichen Sets geordnet, die dann ihrerseits wieder Boni zum Ende bringen, so man die meisten Karten einer Farbe hat.

Die Öfen auf dem Spielertableau können auf dem großen Spielbrett eingebaut werden. Das macht aber nur bedingt Sinn. Oder Spaß.

Das alles hört sich nach großem Spaß an, zumal das Material über alle Zweifel erhaben ist. Schicke Zeichnungen, eingängige Symbolik und hochwertige Materialien in niedlichen Pappschachteln. In Sachen Optik lässt „Zwergar“ die Muskeln spielen. Ist aber was das Gameplay angeht eher ein Schlaffi. Denn es ist zäh. Verdammt zäh. Ich hab ja nix gegen Downtime, aber was „Zwergar“ hier von den Spielern verlangt, ist schlicht zu viel des Guten. Zumal man keine Chance hat, im Zug der anderen irgendwas zu planen, da die Meeple ja ständig durchgetauscht werden. Und da jeder Spieler in seinem Zug gleich drei Aktionen macht, gerät das ganze auch mit Bauchspielern zu einer echten Geduldsprobe. Planen ist schier unmöglich, und so muss man im Zug zig Möglichkeiten durchdenken. Und dann kommt zum Rundenbeginn Gevatter Zufall und macht alle Planungen zunichte. Mir hat dieses Ereignis-Element neben der Lore, deren Mechanismus einigermaßen gut funktioniert und originell ist, noch mit am besten gefallen. Meine beiden Mitstreiter hingegen haben daran so gar keinen Gefallen gefunden. Und dann die Öfen. Man glaubt, da einen echten spielmechanischen Kniff vor sich zu haben. Auf dem eigenen Tableau machen die Öfen sicher Sinn, bringen Sie einem doch Wärme. Sie auf dem großen Spielplan aber einzubauen, ist schlicht und einfach zu schwach. Hier mal eine Ressource mehr, da mal eine Wärme, wenn jemand die Aktion nutzt – das fühlt sich zu nutzlos an. Und die Spezialisten sind auch nicht mehr als eine nette Idee. Zu Beginn werden sechs Meeple zufällig aus dem Spiel genommen. So kann es passieren, dass eine Farbe gar nicht mehr vertreten ist. Das soll für Abwechslung sorgen, bohrt aber irgendwie nur künstlich den eh schon gehörigen Schwierigkeitsgrad in die Höhe, ohne spielerisch im Ansatz Sinn zu machen. Wozu Aktionsmöglichkeiten bieten und dann schon von Beginn an wieder direkt aus dem Spiel nehmen? Auch gelang es einem Mitspieler, bis auf einen lila Meeple alle anderen auf seiner Seite zu bunkern. Als Gegenspieler ist man da bei allem strategischen Können machtlos und fühlt sich mehr gespielt als das man selbst spielt.

Nicht falsch verstehen – das alles ginge für mich noch in Ordnung, wenn sich „Zwergar“ halbwegs zügig und vor allem rund runter spielen lassen würde. Tut es aber nicht. Pläne verlaufen im Sande, und während der Gegner am Zug ist, kann man gemütlich die Wohnung putzen, mit dem Hund Gassi gehen oder auch die Steuererklärung machen. Man verpasst jedenfalls nichts Spannendes auf dem Brett.

„Zwergar“ von Jan Madejski

Granna

Für 2 bis 4 Spieler

Dauer: viel zu lang (mindestens 120 Minuten)

Preis: circa 30 Euro