Wow. Wir sind Gott. Naja so ein bisschen Gott.
Aber auf jeden Fall sind wir eine Naturgewalt. Jedenfalls dürfen wir eine neue Erde erschaffen. Mit Wasser, Bergen, Bäumen, Tieren und allem Drum und Dran. Ganz ehrlich, kein echter Spielefan kann da nein sagen. Ich auch nicht. Ich war gespannt wie Bolle auf Ecos. Und ernüchtert wie selten zuvor.
Ja, ich hatte hohe Erwartungen. Schon klar, die Fallhöhe ist da unlängst tiefer, aber trotzdem war ich maßlos enttäuscht von Ecos. Und das aus dem vermutlich simpelsten aller Gründe. Ich fand es strunzlangweilig.
Die Idee ist auf den ersten Blick spannend. Man möchte Siegpunkte einheimsen, indem man möglichst geschickt Berge, Bäume und Tiere auf einem noch komplett jungfräulichen Kontinent verteilt. Das verteilen passiert anhand von Kärtchen, das Kärtchen-Aktivieren wiederum durch Steine, die aus einem Beutel gezogen werden. Dabei scheitert das Spiel an seinem Grundgedanken. Ein Spieler ist der Prophet, der so lange zieht, bis ein bestimmtes Plättchen aus dem Beutel gefischt wird. Dann ist der nächste Spieler der Prophet. Der jeweils gezogene Stein indes gilt für alle Mitspieler und kann von jedem individuell genutzt werden. Das soll dazu führen, dass immer etwas zu tun ist und kein Leerlauf entsteht. Und genau hier scheitert das Spiel am eigenen Anspruch, entpuppt sich als Blender. Denn man braucht nicht mal einen echten Grübler in der Truppe, damit das ganze ziemlich schnell ziemlich heftig ins Stocken gerät. Zu viel will bedacht und geplant werden, und letztlich kann nicht jeder in der Runde auch ein Kärtchen aktivieren.
Das Spiel gerät ins Stocken, wo eigentlich Fluss sein sollte. Die ersten Runden spielen sich locker flüssig, die Freude über erste passende Steine und erste Aktivierungen, die durch einen lauten „Ecos“ Ruf angekündigt werden, macht sich breit. Das ganze entwickelt aber nach einer geraumen Zeit den Reiz von Bingo beim Kreuzfahrtschiff-Spieleabend. Einer schreit – alle anderen warten. Und planen gegebenenfalls eigene Züge neu. Oder auch nicht. Denn auch hier kommt der Blender zum Vorschein. Die vermeintliche Interaktion findet gar nicht statt. Zwar können einige Tierarten andere Tierarten verjagen, das aber in irgendeiner Form zu verhindern oder abzuwenden ist faktisch kaum möglich. So wartet man geduldig auf das Schicksal, das einen ereilen wird. So richtig göttlich fühlt sich das nun auch wieder nicht an. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mich das Geschehen auf dem Tisch so gar nicht fesselt. Ja, wenn es sein muss, nehme ich halt einen Orca…
Nun gut, wollen wir mal nicht so sein. Das Spiel ist schließlich genug gehyped worden und da muss doch irgendwo der Spielspaß versteckt sein. Im Material vielleicht. Ok, das ist ansehnlich, wenn auch grauenhaft lokalisiert. Löblich, dass sich AEG an eine deutsche Ausgabe gemacht hat, aber alles ist dabei längst nicht glatt gelaufen und das Regelstudium fühlte sich nach Arbeit an und nicht nach Vorbereitung auf ein unterhaltsames Erlebnis. Und kleinlich darf man auch mal werden. Von einem Spiel, das sich ein richtig saftiges Preisschild aufgeklebt hat, darf ich schon erwarten, dass auf der Wertungsskala nach der 44 auch die 45 kommt und nicht erneut die 44. Aber das nur am Rande.
Ja, in unserer Runde gab es auch positive Stimmen. Diese befanden den Spielspaß dann aber auch nur als ganz o.k. Das ist für die hohen Erwartungen an Ecos viel zu wenig. Und es ist eines der wenigen Spiele, die ich nur äußerst ungern häufiger auf dem Tisch haben möchte.
Ecos
AEG Verlag
2 – 6 Spieler
Spieldauer: circa 60 Minuten (gefühlt ungefähr fünf Stunden)
Preis: Circa 65 Euro